Jugendvideoprojekt

beim IKS Mainburg gefördert durch den Fonds der Suchtprävention des Landkreis Kelheim ab Dezember 1997 zusätzlich durch die EU im Rahmen eines Verbundprojektes

Tätigkeitszeitraum:

21.09. 1996 bis 30.11.1998

Mitarbeiter:

  • Mehmet Celik (Sozialpädagoge) Leitung
  • Günther Thoma (Theaterfachmann)
  • Konrad Riedl (Berufspraktikant)
  • Manfred Quickert (Sozialpädagoge)
Teilnehmer

8 – 20 Teilnehmer, überwiegend türkischer Nationalität von 13 bis 18 Jahren

Ziel:

  • Drogenprävention
  • Auseinandersetzung mit der Drogenproblematik
  • eigene Lebensperspektiven, Ziele finden
  • Herstellung eines selbstproduzierten Videos
aus dem Inhaltlichen Bericht der Projekts

Die Arbeit mit der Projektgruppe wurde in verschiedene Phasen gegliedert. Hier markante Ausschnitte daraus:

V. Phase: Weiterarbeit am Drehbuch (11.01.97 – 01.02.97)
  • Die Jugendlichen beschäftigen sich in Gruppen mit der Entwicklung der Handlung. Der grobe Ablauf des Drehbuchs wird erarbeitet. Es fällt in dieser Phase auf, dass die Jugendlichen von ihrem Leben erzählen und Erklärungen für ihre oft unbefriedigende Lebenssituation suchen. Es erweist sich als wichtig, dass der Projektleiter hier eingreift und den Jugendlichen Bewältigungshilfen anbietet.
VI. Phase: Aufarbeitung verschiedener Probleme (08.02.97 – 29.03.97)
  • Die Situation der Jugendlichen beeinflusst den geplanten Ablauf. Gespräche über Drogen und Gewalt werden ernster und drängen die Arbeit am Film an den Rand. Da der Arbeitsschwerpunkt die Drogenprävention ist, entscheiden sich die Projektmitarbeiter bewusst zu mehr sozialarbeiterischem Handeln
  • Die Jugendlichen sprechen ihre Probleme nicht direkt an sondern erzählen über einen „Freund” (mein bester Freund = ICH). Hier zeigt sich, dass die Aufklärungsarbeit durch Schulen und soziale Einrichtungen bezüglich Drogenproblematik und Gewalt unzureichend ist bzw. von den Jugendlichen teilweise aus sprachlichen Defiziten heraus nicht genügend angenommen wird. Die Themen, die in ihr alltägliches Leben gehören, werden nicht mehr tabuisiert. Eine entsprechende Vertrauensbasis ist hergestellt.
  • Filmaufnahmen während der Diskussionen werden nicht mehr als störend empfunden. Neben dem Kurzfilm kann so eine weitere filmische Dokumentation entstehen. Die Beteiligung der Projektleiter an den Diskussionen werden gerne gesehen. Fazit: Die Jugendlichen entwickeln Selbstwertgefühl und Selbstständigkeit.
  • Dies äußert sich auch dadurch, dass sich die Gruppe eine Satzung sowie den offiziellen Namen „X-LARGE” gibt und einen dreiköpfigen Vorstand beruft. Die Gruppe wird zum integralen Bestandteil des IKS Mainburg, wenngleich die Jugendlichen sich an der ihnen zu trockenen Vereinsarbeit weniger beteiligen.
VII. Phase: Kreativ, kommunikativ werden, Verantwortung übernehmen (12.04.97 – 08.05.97)
  • Selbständige Interviews mit der Kamera (auch im Hinblick auf eine Dokumentation) auf der Straße und in Kneipen erweisen sich für die Entwicklung der Jugendlichen als sehr positiv.
  • Die Themen sind „Drogen – Gewalt – Migrantenleben”.
  • Die arbeitslosen Jugendlichen bzw. die Schulabgänger übernehmen Verantwortung für sich selbst, was sich z.B. äußert in aktiver Stellensuche, Schreiben von Bewerbungen, Inanspruchnahme der Berufsberatung, usw.
VIII. Phase: Weiterarbeit am Drehbuch (10.05.97 – 07.06.97)
    • Die Jugendlichen realisieren die Wirklichkeit über Drogen und Gewalt.
    • Die Suche nach Erklärungen von Drogenkonsum und Gewalt bekommt Hand und Fuß; der Bezug zur Realität wird hergestellt.

Verschiedene Szenen des Drehbuchs reifen nun aus.

IX. Phase: Suche nach Zukunftsperspektiven (14.06.97 – 26.07.97)
  • Fragen wie „Was mache ich?”, „Was werde ich?” stehen im Vordergrund. Sechs Ju­gend­liche bekommen Zusagen auf ihre Bewerbungen um einen Ausbildungsplatz. Rollen­spiele vor der Kamera: Arbeitssuche, Bewerbungsgespräch, Beratungsgespräche im Arbeitsamt.
  • Ergebnis: Ihre prekäre Lage wird für sie selbst sichtbar, aber ihr Durchhaltevermögen und ihre Kreativität geben ihnen Mut. (…)
X. Phase: Bewusste Passivität der Anleiter (20.09.97 – 18.10.97
    • Nach sechswöchiger Pause müssen die Jugendlichen Initiative ergreifen, Verant­wortung übernehmen. Ziel ist: Die Jugendlichen sollen ihre Kommunikationsfähigkeit, Selbs­twertgefühl und Frustrationstoleranz steigern.
    • EDie Gruppe gewinnt Profil. Da einige Jugendliche den Einstieg ins Berufsleben ge­schafft haben, werden die Gespräche ernster und zielgerichteter, z.B. Gespräche über Drogen verlieren langsam ihre Vormachtstellung. Einige Gruppenmitglieder, die mit Drogen in Berührung gekommen waren, bekommen ihre Probleme in den Griff. Da die Gespräche im Rahmen der Gruppe verlaufen, entwickelt sich zusätzliche Motivation: „Ich kann das auch schaffen!”

Einige weitere Jugendliche kommen zum Projekt dazu, sie werden Zug um Zug in die Gruppe integriert.

XI. Phase: Die Jugendlichen übernehmen Verpflichtungen (25.10.97 – 31.12.97)
  • Durch die Selbstorganisation lernen die Gruppenmitglieder, ihre individuellen Fähig­keiten zu erkennen und zum Vorteil der ganzen Gruppe anzuwenden. Die Arbeiten am Film sind durch die Wichtigkeit der gruppendynamischen Prozesse vorübergehend auf Eis gelegt, was angesichts der positiven Entwicklungen gerne in Kauf genommen wird. Die Jugendlichen, die eine Ausbildung absolvieren, halten durch, wollen vorwärts­kommen, angestachelt durch Bestätigung und Erfolgserlebnisse. Andere steigern ihr Engagement in der Schule.
  • Mitglieder der Gruppe stellen „X-Large” selbstbewusst bei der Vollversammlung des Kreis­jugendrings Kelheim vor und beantragen erfolgreich die Aufnahme als Vollmitglied.

Als Ergebnisse lagen im November 1998 vor:

  • Drehbuch zu einem Kurzfilm
  • filmische Dokumentation mit spontanen Produktionen
  • Mehre Jugendliche nahmen wieder Arbeit auf
  • drei Jugendliche begannen eine Ausbildung
  • Entstehung der Musikgruppe „Muhabette cagri”
  • Gründung der Jugendgruppe „X-Large”

Die Fortführung des Videoprojektes scheiterte am Träger des EU-Projektverbundes. Nach altersbedingten Weggang einiger Jugendlicher schlief X-Large im Jahre 2000 vorübergehend ein und wurde 2001 durch Mehmet Celik und Tobias Ostermeier mit einem Theaterprojekt wieder­belebt.